Hazeldine Interview;
Samstag 20.09.1997
Cafe´ Trauma in Marburg. Samstag Abend, ca. 19°°Uhr.
Das Ambiente wie man es sich für ein Interview mit Vollblutmusikern
vorstellt: Verschlissene Sofas, Butterstullen belegt mit Aldi-Schinken
und Käse und die (noch) halb volle Jim Beam Flasche auf dem Tisch.
Shawn räkelt sich auf einem der Sofas, sichtlich
müde vom Tourneestreß, Jeffrey sitzt neben ihr und ist der erste,
der uns freundlich begrüßt. Tonya ist die kühle Ruhe in
Person, trotzdem aber irgendwie nett. Anne kommt später hinzu und
komplettiert das Quartett aus New-Mexico.
Nach einer kurzen Begrüßungsrunde und dem
Aufstellen des Mikrophons beginnen wir mit dem Interview. Über die
Frage aus gegebenem Anlaß, warum die Band ihre Texte nicht
abdruckt bekommen wir ein kopfschüttelndes „Darüberhabenwirnochnienachgedacht!".
Nach anfänglichem Smalltalk ist das Eis schnell gebrochen; was einem
die Band auch sehr leicht macht. Einfach supersympathisch und offen!
Hazeldine haben nach ihren Erzählungen mit der Möglichkeit
beim „South-by-Southwest-Festival" 1995 aufzutreten und der dies mit sich
bringenden Gruppenstimmung endgültig das Schlüsselerlebnis gehabt,
als Band zusammenzubleiben. Sie sehen ihre gemeinsame Entwicklung als sehr
gewinnbringend für ihre Musik an. Die Frage nach ihren musikalischen
Vorbildern beantworten sie mit einem gelangweilten
„Neil Young and all the old ones!"; wobei sie es sich
nicht nehmen lassen, auch ihre aktuellen Einflüße preiszugeben.
Hier fallen Namen wie
„Giant Sand", „Portishead", „Barbara Mannings", „OP8"
und
sogar die, auch nach Anne´s Meinung „beste Band der Welt" „Oasis".
Shawn erwähnt hier auch noch ihren Vater, der mit ihr ab dem Alter
von 6 Jahren echten Blue-Grass Country spielte.
Zu weiteren CD-Veröffentlichungen möchten sie
sich dann nicht äußern; nur daß wahrscheinlich eine remixte
und mit „ein paar mehr Songs" aufgepeppte Version von „How bees fly" als
US-Release im nächsten Frühjahr über´m Teich erscheinen
soll. Shawn reagiert spontan selbstbewußt mit einem fast akzentfreien
„Natuurlisch" auf die Frage nach der positiven Kritik im deutschen Rolling-Stone-Magazin.
Sie hat die Kritiker-Polls des deutschen Kultmagazins auch schon ein paar
Freunden in den Staaten geschickt; immerhin Platz vier!
Nein; auf die Frage, ob sie schon einmal negative Erfahrungen
mit der Tatsache gemacht haben, in einer Männerdomäne als Fast-Nur-Girl-Band"
Musik zu machen, konnten sie keine Beispiele erzählen. Irgendwie denken
sie auch nicht darüber nach. Außerdem sind sie sowieso „die
echten Spice Girls", flachsen sie daraufhin miteinander!
Nachdem die Jim Beam Flasche ein weiteres Mal die Runde
gemacht hat, erzählt Shawn von ihren Deutschkenntnissen, die sich
in der gesamten Band auf Ausdrücke wie „Billige Nutte" und „Ungezogene
Kinder" beschränken. Über das deutsche Konzertpublikum wissen
sie nur das beste zu berichten. So sind die deutschen, neben ihrer immensen
Bereitschaft Merchandising-Artikel zu erwerben, auch wesentlich bewußter
bei der Musik, als das z.B. in den Clubs in den USA der Fall ist. Dort
ist es vielen Leuten egal, wer da spielt; hier scheinen die Zuhörer
ganz gezielt wegen der Band zu kommen.
Die Tour wird in Deutschland noch fortgesetzt und europaweit
in Dublin beendet. Dann geht es endlich wieder nach Hause; „we haven´t
been there for almost ten months now!"
Copyright 1997 Sebastian Mende, Hans Settler, Radio Unerhört Marburg
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